Die Fakten liegen anders!

Leserbrief zum Leserbrief von Herbert Netter vom 27.03.2021 „Unbegründete Angstmacherei“

Es müsste auch Herrn Netter bekannt sein, dass es in Rheinland-Pfalz Regionen gibt, die eklatant mit Nitratbelastungen zu kämpfen haben. Bei den neuesten Erhebungen durch das Wirtschaftsministerium wurden 23 % nitratbelastete Flächen festgestellt. Das sind 23 % zu viel! Betroffen sind dabei neben der Gemüseregion der Vorderpfalz, den Ackerregionen in der südwestlichen Eifel und im Hunsrück, insbesondere auch der Kreis Mayen-Koblenz. Extreme Werte sind dabei, bei einem Grenzwert von 50 mg/liter, in den Brunnen von Kruft mit 72 mg/l, Mertloch mit 104 mg/l, Ochtendung mit 100 mg/l, Kürrenberg mit 64 mg/l und auch in Glees im Kreis Ahrweiler mit 52,1 mg/l gemessen worden. Der bekannte Professor Jörg Oehlmann von der Uni Frankfurt gibt dafür der Landwirtschaft durch den extensiven Einsatz von Gülle die Schuld und sagt dazu, dass die Pflanzen wegen der Überdüngung nichts mehr aufnehmen können und damit alles ins Grundwasser geht. Richtig an den Aussagen von Herrn Netter ist, dass organische Dünger den Humusgehalt in den Böden verbessern, falsch ist jedoch, dass kaum etwas in tiefere Schichten sickert. Die Ergebnisse, die sich in den letzten Jahren zwar verbessert haben, zeigen dies eindeutig. Richtig ist auch seine Aussage, dass die Landwirte gut ausgebildet sind und auch bestrebt die Düngung anzupassen. Langfristig wird dies sicherlich helfen, kurzfristig noch nicht. Die Fehler liegen teilweise Jahrzehnte zurück. 2014 waren von den 277 Messstellen im Land 73 mit Nitrat über 50 mg/l belastet. Wir haben aber im Land 1669 Brunnen und 762 Quellen. Wer überwacht die? Im ganzen Bereich der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, der Grafschaft und Teilen der VG Altenahr gibt es keine einzige Grundwassermessstelle. Das System stimmt hinten und vorne nicht.

Die hohen Nitratwerte in Rheinland-Pfalz mit nach wie vor über 30 % (nicht nur 23 %) Nitratverseuchung des Grundwassers müssen durch Festschreibung von Maßnahmen in den betroffenen Gebieten durch das Land endlich dauerhaft und intensiv kontrolliert werden. Die strichprobenartigen Überprüfungen (2014 wurden im Land 420 von 6600 Betrieben kontrolliert) bringen in dieser Hinsicht keine Verbesserung. Unter anderem auch deshalb nicht, weil man damit den Großteil der wirklich postiv wirtschaftenden Landwirte verprellt und die Verursacher nur minimal erwischt. Die Folge davon sind vorübergehende oder endgültige Stillegung von Brunnen (in Rheinland-Pfalz wurden 1985 bis 1989 100 Brunnen stillgelegt) mit teilweise erheblichen Trinkwasseraufbereitungskosten. Noch ein Wort zu „Angstmacherei“. Nitrat kann sich im Magen von Säuglingen in Nitrit verwandeln, das bremst dann die Sauerstoffaufnahme….

 

Jochen Seifert, Kempenich

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